Karl-Heinz Klopf

TESTA

2018
2K, Surround-Sound, 18 min
Verkauf und Vertrieb sixpackfilm

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Mit „Testa“ ergänzt Karl-Heinz Klopf sein feines Filmportfolio von Architekturporträts mit einem weiteren Premium-Objekt, mit der Argentinischen Nationalbibliothek von Clorindo Testa. Das Gebäude – eine Megastruktur in Beton – war bei seiner Eröffnung 1995 bereits ein Anachronismus, denn der Entwurf des argentinischen Architekten geht auf das Jahr 1962 zurück, während die Bauarbeiten erst 1973 begannen. So atmet diese verschachtelte Architektur die verdichtete Luft unterschiedlicher Zeitepochen. Aus der lateinamerikanischen Perspektive ist sie ein Beispiel eines „Brutalismus mit argentinischem Akzent“, wogegen sie für viele europäische Interessierte die Verwirklichung eines gewagten Traums einer sozialistisch inspirierten spätmodernistischen Bildungsarchitektur darstellt.

Der Film lässt viel von der Faszination spüren, die von diesem Entwurf ausgeht. Die ersten Bilder lassen einen im Zweifel darüber, was hier dargestellt ist: eine graue, reliefierte Fläche, unterbrochen von einem herausgehobenen Quadrat, darin ein weiteres kleineres Quadrat. Erst nach und nach wird erkennbar, dass die Kamera offensichtlich die Unterseite eines Gebäudes aufnimmt und dabei Einstellung um Einstellung vorrückt. Die Perspektive ändert sich den ganzen Film über nicht. Wir sehen kein „Gebäude“, wir entdecken in piranesischen Brücken, Schächten, Stiegenhäusern und Schatten eine verschachtelte, labyrinthische Struktur, aus der wir uns nicht befreien können, gefangen in den mäandernden Bewegungen der Kamera. Ein Farbwechsel von Schwarz/Weiß zu Farbe in der Filmmitte bringt Veränderung auch auf der Tonspur: Während in der ersten Hälfte der authentische Verkehrslärm von Buenos Aires (mit irritierendem Hundegebell) zu hören ist, erfahren wir im zweiten Teil Details zur Geschichte des Baus aus der Sicht einiger seiner Nutzer/-innen. Die formale Besonderheit von „Testa“ liegt gerade in der konzeptuellen Entscheidung, ein so opulentes Filmobjekt in erzählerisch so wenig spektakulären Einzelformationen aufzulösen und der Imagination abstrakt ohne Totale zu überlassen. (Patricia Grzonka)